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Jessica Alba war nicht auf der Pressekonferenz

Sonntag, Februar 21st, 2010

Sowohl Jörg als auch mich haben die Gewalt-Darstellungen in “The Killer inside me” von Michael Winterbottom ziemlich beunruhigt. Ob die vom etwas fahrig entwickelten Plot ablenken wollten oder – wie auf der Pressekonferenz hinterher von Winterbottom betont – eher pädagogischen Charakter besaßen, bleibt fraglich. Wir sind jedenfalls im Kino sitzen geblieben, während andere die Vorführung fluchtartig verlassen haben. Deshalb können wir an dieser Stelle auch einen letzten Podcast dazu anbieten:

The Killer inside me

Ich verabschiede mich an dieser Stelle von den Lesern (und Hörern) des Blogs bis zur nächsten Berlinale!

Jud Süß – Podcast ohne Gewissen

Samstag, Februar 20th, 2010

Jörg Buttgereit und ich habe jetzt das Mikro in die Hand genommen und unter anderem ein paar hilfreiche Ratschläge für Oskar Röhler und Moritz Bleibtreu formuliert, die natürlich alle zu spät kommen. Aber solch einem Film lässt sich ja ohnehin kaum ins Gewissen reden:

Jud Süß – Film ohne Gewissen

Film mit nachträglichem Gewissen

Freitag, Februar 19th, 2010

Der hinreißend bescheuerte Untertitel “Film ohne Gewissen” von Oskar Röhlers “Jud Süß”-Behind-the-Scenes-Nazisexploitation-Trash-Geschichtsklitterung lässt schon ahnen, auf was man sich einlässt, wenn man sich den Film ansieht.

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The Film is alright

Mittwoch, Februar 17th, 2010

Jörg Buttgereit und Stefan Höltgen haben sich zwar mal wieder nicht in einer 12-Uhr-Pressevorführung gesehen. Die Pressekonferenz  zum Wettbewerbsfilm “The Kids are alright” haben sie aber dennoch besucht und hinterher dann einen Podcast zum Film aufgenommen. Der lässt sich durch klicken auf den Folgenden Link anhören:

Podcast: “The Kids are alright

Die Zukünfte der Vergangenheit

Dienstag, Februar 16th, 2010

In den vergangenen Jahren ist die Geschichte des “Neuen Deutschen Films” überaus vorbildlich aufgearbeitet worden – zumindest, was die Quellen angeht. Insbesondere Kinowelt und Arthaus haben sich des Programms des “Filmverlags der Autoren” (gestern Abend lief darüber noch einmal “Gegenschuss” auf ARTE) angenommen und etliche Filme aus deren Programm auf DVD zugänglich gemacht. Dazu gehören nicht nur die Spielfilme des diesjährigen Festival-Jury-Leiters Werner Herzog, sondern insbesondere auch die Filme Rainer Werner Fassbinders. Von denen fehlen jetzt nur noch eine Hand voll, um das Werk vollständig zugänglich zu machen – insbesondere TV-Produktionen wie “Acht Stunden sind kein Tag”, “Nora Helmer” oder “Welt am Draht”.

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Nur auf Hirschen fliegen ist genauso schön

Montag, Februar 15th, 2010

Wer noch nicht das Vergnügen hatte, mit dem Filmen des US-amerikanischen Regisseurs Jared Hess Kontakt zu bekommen, sollte das jetzt auf der Berlinale nachholen. Ich hatte mir zwar nicht vorgenommen, hier ausschließlich über einzelne Filme ohne “besonderen Kontext” zu bloggen, “Gentlemen Broncos” scheint mir die Ausnahme jedoch zu rechtfertigen – zumal mein erster Gedanke, als ich gestern aus der K14-Vorführung am Cubix kam, war: “Allein für diesen Film hat sich die Akkreditierungsgebühr schon gelohnt.”

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The Shutter Man

Samstag, Februar 13th, 2010

Ich habe mir heute Martin Scorseses “Shutter Island” angesehen – mit mir im Kino (nur 20 Plätze weiter links und 10 Reihen weiter vorn) saß Jörg Buttgereit. Am Abend haben wir bei einem Treffen der epd-Mitarbeiter einen Podcast dazu aufgenommen:

Podcast zu “Shutter Island”

Der Industriepalast als Mensch

Freitag, Februar 12th, 2010

Weniger die neuen als die alten Filme sind es dieses Jahr, die mich am Berlinale-Programm interessieren. Und das liegt vor allem daran, dass einige von ihnen sehr gut auf ein Beschäftigungsfeld passen, das ich seit kurzem pflüge: Maschinen im Film.

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Macht’s gut und danke für den Frosch!

Sonntag, Februar 15th, 2009

Die Berlinale ist vorbei, die Bären verteilt und ich scheue mich den Gassenhauer “der rote Teppich wird eingerollt” von mir zu geben, weshalb ich es auch (nicht) tue.

Für mich war das das entspannendste Filmfestival seit Beginn meiner Festivalkarriere, denn ich habe ungewöhnlich wenige Filme gesehen und die meisten davon per Zufall, weil ich den Gang zum Ticket-Counter oder große Menschenansammlungen gescheut habe. So sind es vor allem Pressevorführungen im Forum und Panorama geworden, ein paar Filme aus dem “kulinarischen Kino”, ein paar mehr aus der 70-mm-Retrospektive und dann Podiumsdiskussionen und eine Gala. Meine diesjährigen Favoriten sind also überaus unrepräsentativ: “Ghosted” von Monika Treut und “2001″ aus der Retrospektive.

Wie ich im ersten Beitrag schon geschrieben hatte: Weil ich nebenher lernen musste, konnte ich nicht so (viel) wie ich wollte. Und lernen kann man übrigens in der Hotspot-Lounge unten im Berlinale-Palast ziemlich gut. So, wie man sich im späteren Leben beim Hören eines Songs oft an den ersten oder wichtigsten Moment erinnert, in dem man das Lied gehört hat, so werde ich bei späteren Begegnungen mit Texten von Vivian Sobchack oder Jörg Schweinitz wohl immer an die Berlinale 2009 denken.

Die Idee von epd Film personalisierte Weblogs bereitzustellen hatte für mich Vor- und Nachteile. Mein Blog war ja als erstes arbeitsbereit und so habe ich hier in fröhlichem Solipsismus meine Gedanken eingestellt. Dadurch, dass ich die Blicke der Kollegen nicht mehr im Nacken gespürt habe, sind einige Einträge wesentlich subjektiver und vielleicht auch polemischer geworden, als sie es im Sammelblog geworden wären. Im Rückblick finde ich das gut – und durch die zahlreichen Reaktionen in den Kommentaren (mehr aber noch in Foren, Backlinks und E-Mails an mich) fühle ich mich da auch eher bestätigt. Einige Reaktionen (vor allem auf den “2001″-Eintrag) haben mir aber auch gezeigt, dass freiwillige Selbstkontrolle manchmal auch seine Vorteile hat.

Bevor jetzt also wieder für ein Jahr Ruhe herrscht, möchte ich mich bei allen Lesern und Mitautoren und bei epd Film bedanken und versprechen, dass – falls ich zur kommenden Berlinale wieder hier schreibe – es einen wahren Text-, Bild- und Filmhagel von mir geben wird.

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warum ich Filme wie “Milk” nicht mag

Samstag, Februar 14th, 2009

Schon am vergangenen Dienstag lief im Panorama Gus van Sants neuer Film “Milk“, der in Kürze auch hier in den Kinos startet. “Milk” erzählt die Geschichte des Homosexuellen Harvey Milk, der Mitte der 1970er-Jahre in San Francisco ein Geschäft für Fotozubehör eröffnet und dort als bekennender Schwuler auf den ganzen Hass und die Vorurteile seiner Mitmenschen trifft. Harvey will, dass es endlich ein Ende mit der Diskriminierung sexuell anders orientierter Menschen nimmt und geht in die Politik. Mehrfach versucht er sich ins Rathaus wählen zu lassen und nach Jahren gelingt ihm dies. Sein langer Weg dorthin, auf dem ihn viele Freunde begleiten und wieder verlassen, der seine Ideale auf den Prüfstand stellt und ihm mächtigere Feinde als bisher verschafft, erzählt der Film in einer langen Rückblende: Harvey Milk sitzt nämlich eigentlich an seinem Küchentisch, macht sich Sorgen über eine Morddrohung und spricht seine Lebensgeschichte in einen Kassettenrecorder. Für alle Fälle.

“Milk” ist das, was Fraçois Truffaut 1959 in einem richtungsweisenden Cahier-Beitrag einmal “cinéma de qualité” genannt hat: Ein hochpoliertes Drehbuch, das eine Geschichte erzählt, die dem Film und seinen genuinen Ausdrucksmitteln eigentlich keinen Raum mehr lässt, sich dafür aber aufgrund seiner an der historisch-politischen Korrektheit ausgerichteten Story seines Erfolgs sicher sein kann. Dieser Erfolg hat genau zwei Gradmesser: Erstens die Menge an Zuschauern, die nach der Sichtung aus dem Film kommt und leicht kopfnickend zu sich sagt: “Gut, dass das Thema endlich einmal aufs Tapet gebracht wurde.” Und die Menge an Oscar-Nominierungen und späteren -Auszeichnungen, die der Film mit Sicherheit einheimsen wird.

Dass das amerikanische Kino der Hauptverhandlungort für die amerikanische Geschichte ist, ist keine Neuigkeit. Dass diese Verhandlung nicht erst seit Figuren wie Oliver Stone auf die Bühne getreten ist und im Modus der Kritik erscheint, ist auch nicht neu (im Prinzip haben das bereits der Spätwestern und die letzte Phase des Film noir gemacht). Der Hang zum Hyperrealismus, mit die geschichtskritische Aufbereitung stattfindet, und das sich rekursive Versichern der Erfolgsaussichten eines solchen Projektes, sind allerdings noch nicht so alt. Es gibt bestimmte Indikatoren – oder aus der anderen Richtung gesehen: bestimmte Erfolgszutaten -, die solche Produktionen auszeichnen. (Wer mich kennt, weiß, auf welche dieser Indikatoren ich regelmäßig schimpfe – weswegen ich sie hier jetzt nicht ausführe/aufzähle).

Was mich an all dem stört, ist erstens, dass die Rechnung dieser Produktionen dann auch noch aufgeht: Im Prinzip sind es enorme Konsensmaschinen, die mit der Produktion in Gang geworfen werden und man meint schon fast, man habe sich als Kritiker der Diskursmacht zu fügen. Der perfide Sicherheitsmechanismus, der in diese Maschinen eingebaut ist, funktioniert ja auch meistens so, dass an einer negativen Kritik vorgeworfen wird, es sei das Sujet, das kritisiert werde und nicht der Modus der Vermittlung. Letzerer diene dem Kritiker lediglich als Tarnung, um dem kritischen Impetus des jeweiligen Films (gegen Schwulenfeindlichkeit, gegen Nationalismus, gegen Unterdrückung, …) reaktionär entgegenzutreten. Gegen solche Gegenkritik kann man sich immunisieren, weil sie eigentlich kein extrinsisches Argument vorzuweisen hat. Im Rechtfertigungszwang fühlt man sich dennoch häufig.

Schlimmer ist jedoch, dass diese Filme Themen “verbrennen”, deren Aufarbeitung wirklich sinnvoll wäre. Um wieder zum Beispiel “Milk” zu kommen: Der Film ist geschwätzig, hat aber unter all seinem Wortballast nichts zu zeigen. Man kann das alles bereits in historisch-kritischen Auseinandersetzungen zur jüngeren amerikanischen Geschichte nachlesen, man muss es sich vom Film nicht vorlesen lassen. Die filmische Vorlesung mit mimetischer Illustration des Textes (nichts anderes sind die Bilder von “Milk”) dient nur dem einen Zweck: Der Hyperrealisierung von Historie.

Jean Baudrillard hat es Ende der 1970er-Jahre einmal “Retro-Szenario” genannt, was Hollywood mit der Geschichte veranstaltet. Die dort produzierten Zeichen überdecken mit ihrer Diskursmacht nach und nach jede andere Zeichenproduktion und werden zur “einzigen Wahrheit”. Man muss das nicht zur simulationstheoretischen Verschwörung ausbauen, es gibt ja noch genügend andere Quellen; es lässt sich aber schwer leugnen, dass auf diese Weise inszenierte, diskursmächtige Filmproduktionen mit ihrem Erscheinen eine Verformung der Geschichtsrezeption auslösen. Man frage heute nur einmal einen jungen Menschen, was er über ein bestimmtes historisches Thema weiß: Die Antwort wird wohl zur Hälfte Zutaten aus der Zeichenproduktion Hollywoods enthalten.

Das ist sicherlich zu einem großen Teil auch Polemik. Aber ich finde es einerseits wirklich bedenklich, welche Erfolge solche Produktionen wie “Milk” immer wieder ernten; andererseits bedauere ich, wie Autoren und Regisseure damit (vielleicht verlockt vom Erfolg) ihre ästhetische Einzigartigkeit dem common sense des “cinéma de qualité” opfern. Man werfe bloß einmal einen Blick in die Filmografie Gus van Sants (“Elephant” -> “Milk”) … oder David Fincher (“Se7en” -> “Zodiac”) … oder Steven Soderbergh (“Sex, Lies, and Videotape” -> “The Good German”) …