300 (USA 2007, Zack Snyder) (Wettbewerb)

14 Feb 2007 von Stefan Höltgen

Endlich bekomme ich eine Ahnung davon, was das ist: Gewaltverherrlichung. Snyder setzt Frank Millers Vorlage so originalgetreu und doch so filmisch um, dass die comichafte Verzerrung (von der man gern zu verschiedenen Anlässen spricht) hier ihre beste Wendung hin zum Film findet. Es gibt kaum je eine Szene in “300″, die nicht durch sezierende Zeitlupen unterbrochen wäre, die uns die ganze Muskelschönheit des Kämpfers und die anatomische Beschaffenheit der Gegner in chirurgischer Präzision zeigen. Hinzu kommt die konsequente grafische Verfremdung (Körnigkeit, Sepia, …) des Bildes hin zum Erhabenen eines Altdorferschen Schlachtengemäldes.

Snyders Film nimmt sich der Schlacht der Griechen gegen das heranrückende Heer des persischen Reiches bei den Thermopylen an. Seine Figurenzeichnung ist vollständig dichotom: die nur guten Spartianer gegen die auschließlich und in allen Facetten bösen Eindringlinge. Wo erstere als wahre Freunde, feurige Liebhaber und echte Patrioten geschildert werden, sind letztere ein Ausbund an Amoral, stetig Orgien feiernd, korrupt, hybrid und nicht zuletzt hässlich. Denn es ist auch das Privleg des Guten in Snyders Film, einen “guten Körper” zu haben, wohingegen das Böse stets auch krankhafte, verzerrte und verkrüppelte Attribute bekommt.

“300″ wirkt hier und heute genauso wie er wohl vor 70 Jahren gewirkt hätte (und es hat damals ja auch ähnliche Helden- und Körperinszenierungen im Film gegeben). Und dennoch scheint mir der Film weniger die Fantasie eines Rassenideals zu sein als vielmehr eine Geschichtslektion, die besagt, dass Freiheitsliebe und Patriotismus (zumal in Konfrontation mit den Persern) stets vorzeigenswerte, pflegenswerte und ausbaufähige Attribute des Westens sind. Die unverholene Gut-Böse-Dichotomie könnte direkt aus der politischen Agenda der US-republikanischen Regierung stammen (sogar eine “demokratische” Heimat-Gegenoffensive wird als Landesverrat desavouiert und mit “Dolchstoß” quittiert). Und jener War-Talk, den die Spartianer, ihre Frauen und Kinder beständig von sich geben, spiegelt die Bush’sche Durchhalte-Propaganda angesichts des Krieges im Irak und in Afghanistan aufs perfekte.

“300″ macht trotz solch unschöner politischer Allusionen Spaß, weil er selbst ein äußerst anachronistischer Film ist. Er ist eher mit “Conan – Der Barbar” vergleichbar als mit zeitgenössischen Action- und Kriegsfilmen. Wer in seiner Jugend der kriegsromantisch verklärten Heavy-Metal-Band “Manowar” zugehört hat, wird sich den ganzen Film über vielleicht an deren Song “The Warriors Prayer” erinnert fühlen. Denselben Touch hat auch “300″ – und allein deswegen sollte man den Film vielleicht nicht allzu ernst nehmen.